Münster Hiltrup – Nördlich Osttor
beschränkter zweiphasiger Wettbewerb, Anerkennung // mit c/o Zukunft, Grow, Stadt-Land-Plus
Jahr: 2024
Typ: Städtebau, Quartiersentwicklung, Freiraumplanung
Größe: 80.000m2
Bauherr: Stadt Münster
Leitidee
Das städtebaulich-freiraumplanerische Konzept schafft eine Stadterweiterung mit zwei kompakten Wohnquartieren, die von einemweitläufigen Landschaftskorridor als grüne Parkfuge durchflossen und von dem Landschaftsraum der Umgebung gerahmt wird. Die strenge geometrische Form der städtebaulichen Setzung mit orthogonalem Grid und rechteckigen Baublöcken wird in den weichen, organischen Wechsel von Wald und Offenland eingebettet. Zwischen Quartieren und Park verläuft ein breiter Saum als funktionale und gestalterische Übergangszone, der als Filter dichte Stadt und weite Landschaft verbindet.
Die beiden Quartiere stellen ein bauliches Pendant zu den gegenüberliegenden Stadtbausteinen dar. Gemessen an der Umgebung wird eine hohe städtebauliche Dichte, die sich mit fünf Vollgeschossen entlang der Straße Osttor sowie vier Vollgeschossen plus Staffel entlang der zentralen Stadtteil-Allee am menschlichen Maßstab orientiert. Der flächensparende Fußabdruck der Gebäude ermöglicht die Gestaltung eines ca. 3 ha großen Stadtteilparks als Landschaftskorridor, die die Vinnbüsche mit den nordöstlich gelegenen Waldflächen verbindet. Der Park kommt allen Bewohner:innen von Hiltrup-Ost zugute und begegnet dem Freiraumdefizit in der Umgebung. Dem unversiegelten Landschaftsraum gegenüber steht der innerhalb der Wohnquartiere als Mischverkehrsfläche angelegte Straßenraum gegenüber. Dieser verfügt über einen hohen Grünanteil und wird durch ein Netz der offenen Oberflächenentwässerung begleitet.
Stadtquartiere
Der Entwurf ist in Bereiche mit unterschiedlicher Dichte und verschiedenen Funktionen gegliedert. Der Bereich entlang der Stadtteil-Allee ist der zentrale Stadtraum und verbindet als Haupterschließungsträger beide Quartiere. Städtebaulich ist der Bereich durch kompakten Geschosswohnungsbau in geschlossener Bauweise geprägt. Entlang der Stadtteil-Allee werden im Ostquartier der zentrale Stadtteilplatz und im Westquartier der Platz der Musik gegenüber dem Vorplatz der Schule angeordnet. Die Plätze sind zentrale Treffpunkte und Ort des Austauschs und bieten Raum für Straßenfeste und Märkte. Die dortigen Erdgeschosszonen nehmen soziokulturelle Nutzungen wie Stadtteilkulturzentrum und Musikschule im Westen und kleinteilige Versorgungseinrichtung wie ein Sozialcafé, Bäckerei o.ä. im Osten auf. In den Obergeschossen werden besondere Wohnformen wie inklusives und Altenwohnen positioniert. Die Baureihe entlang der Straße Osttor wird ebenfalls mit Geschosswohnungsbau räumlich gefasst und bildet eine neue Adresse zum bestehenden Stadtraum. Im direkten Wohnumfeld stehen den Mieter:innen gemeinschaftlich nutzbare Gärten in den Höfen zur Verfügung. In gemeinsamen Baublöcken mit Reihenhäusern und Stadthäusern entstehen sozial durchmischte grüne Wohnhöfe mit „lesbaren“ Grenzen zwischen privaten Gärten und öffentlichem Raum.
Von der Stadtteil-Allee abgehend, spannt das orthogonale Grid die regelmäßigen Baufelder der verkehrsberuhigten Nachbarschaften auf. Durch die offene Blockrandbebauung werden klare Raumkanten und kompakte Mikro-Nachbarschaften um grüne Wohnhöfe ausgebildet. Im nördlichen und östlichen Randbereich des Entwurfsgebiets öffnen sich die Baufelder zeilenartig zur Landschaft. Typologisch sind Einfamilienhäuser als Reihenhaus mit zwei Vollgeschossen und Dach- oder Staffelgeschoss prägend. In geschlossener Bauweise mit dem Geschosswohnungsbau oder als eigenständige Baureihe wird die Typologie der Reihenhäuser zu viergeschossigen Stadthäusern weiterentwickelt. Die über dem „Reihenhaussockel“ liegende Maisonettewohnung mit kleiner Dachterrasse wird zum möglichen (Re-)Finanzierungs- oder Anlagemodell der Eigentümer:innen, alternativ ist sie als Wohnraum für den Nachwuchs, Freunde oder die Generation der Großeltern nutzbar. Es entsteht eine kompakte, flächensparende Bauweise, die die Vorzüge eines privaten Freiraums mit einer zentralen Lage verbindet. Die beiden Quartiersplätze sind der zentrale Treffpunkt und Ort des Austauschs für die Nachbarschaften und bieten Aufenthalts- und Spielmöglichkeiten. Sie werden mit jeweils einem Geschosswohnungsbauriegel etwas dichter gestaltet und bilden mit besonderen Wohnformen wie inklusivem und Altenwohnen in den Obergeschossen und einer Kita und Sozialtreff im Erdgeschoss ein untergeordnetes Nachbarschaftszentrum in beiden Quartieren.
An den äußeren Quartierseingängen werden fassadenbegrünte Quartiersgaragen platziert, die den PKW-Stellplatzbedarf der Bewohner:innen decken. Somit wird das Gros der Verkehrslast bereits frühzeitig abgefangen und die Wohnquartiere von Quell- und Zielverkehren entlastet. Die Garagen nehmen zusätzliche Infrastrukturen wie Car- und (Lasten-)Rad-Sharing, Fahrradwerkstatt, Packstation, Ladestationen für E-Fahrzeuge, (Lasten-)Radstellplätzen und eine Energiezentrale auf. Die flexible bauliche Struktur lässt je nach Bedarf an Stellplätzen eine zukünftige Transformation und zusätzliche Nutzungen (bspw. kleinteilige Gewerbefläche für co-working, Ateliers und Werkstätten) zu.
Landschaftskorridor
Der neue Stadtteilpark ist Herzstück und verbindendes Element zugleich. Dabei steht das Konzept unter dem Fokus „Siedlung bleibt Siedlung und Landschaft bleibt Landschaft“. Die hohe städtebauliche Dichte mit einem, im suburbanen Kontext vergleichsweise kleinen privaten Freiflächenanteil ermöglicht eine frei belassene Landschaft im Zentrum des neuen Stadtteils. Der neue Park steht der neuen und umgebenden Bewohnerschaft zur Verfügung und erhöht die Akzeptanz des Neubaugebietes. Er wird ausgestaltet als offener extensiver Wiesenpark der weiten Blicke und erstreckt sich als Landschaftskorridor von den Vinnbüschen nach Norden. Nutz- und Blühbereiche wechseln sich ab. Innerhalb des Parks werden zusätzliche Flächen nur durch die gezielte Ergänzung von kombinierten Fuß- und Radwegen versiegelt. Diese queren den Landschaftsraum und bieten Verbindungen jenseits der Straßen, zwischen den Quartieren, nach Osten in Richtung Wolbeck und zum westlich angrenzenden neuen Sportpark.
Unter dem Stichwort gemeinschaftliche Landwirtschaft (Bewohner:innengärten) werden auf der östlich im Entwurfsgebiet gelegenen Freifläche Mietäcker für die neue Bewohnerschaft und die Bewohner:innen der Umgebung verortet. Es ist eine Flächenoption für ein derzeit sehr beliebtes Angebot (www.mikrolandwirtschaft.org). In der Tradition der Bauerngärten lassen sich hier kleine Gemüse-, Kräuter und Blumengärten anlegen. Denkbar ist der Betrieb durch einen örtlichen Landwirt. Dieser übernimmt das jährliche Umpflügen und bietet Saatgut und optionale Dienstleistungen. Die Ackerparzellen werden durch Gruppierungen und Reihen von Obstbäumen ergänzt. Diese Flächen stehen der Allgemeinheit zur Verfügung und leisten einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt. Auf den Streuobstwiesen sind Patenschaften für einzelne Bäume denkbar.